DAS SCHNITZWERK
Höchste Altarbaukunst aus Horb am Neckar.
DAS ERBE UNSERER
VORFAHREN
Unter dem Schnitzwerk ist im Detail die Hauptausstattung des Langhauses sowie auch des Chorraums gemeint. Speziell handelt es sich dabei um den Hochaltar, die beiden Seitenaltäre sowie die Kanzel.
Alle vier genannten Ausstattungsstücke stammen, wie auch schon weite Teile unserer Figurensammlung, aus Horb am Neckar. Recherchen in den originalen Rechnungsbüchern im Staatsarchiv in Sigmaringen ergaben, dass Johann Nepomuk Meintel ( * 1816, † 1872) die vier Ausstattungsstücke im Jahre 1854 geliefert und in die Pfarrkirche eingebaut hat.
Im Zuge der Renovierung und massiven Umgestaltung der Pfarrkirche 1963-1965 wurden die beiden in höchster Kunstfertigkeit hergestellten Seitenaltäre vernichtet. Um die Gesamtgestaltung von Johann Nepomuk Meintel wieder zu vervollständigen und den Ursprungszustand der Innenausstattung wiederherzustellen, will die Initiative Spenden sammeln, sodass die Seitenaltäre wieder detailgetreu und historisch korrekt rekonstruiert werden können.
Die Ausstattung, wie sie 1854 von Johann Nepomuk Meintel in die Pfarrkirche St. Patricius eingebaut worden ist.
MEISTERWERKE DIE
IHRESGLEICHEN SUCHEN
Aus Überlieferungen wurde deutlich, dass Meintel bei der Ausstattung eine herausragende Qualität an den Tag gelegt hat.
Ihm ist in unserer Pfarrkirche wahrlich ein Meisterwerk gelungen: Die Ausstattung verbindet sich perfekt mit der Innenarchitektur der Raumschale. Die Größen- und Höhenverhältnisse der Altäre sowie der Kanzel sind detailliert auf die Abmessungen des Langhauses abgestimmt. Durch diese gestalterische Abstimmung ist Meintel eine in sich stimmige und äußerst harmonische Innenraumgestaltung gelungen.
In der Zeit des Historismus, aus welcher unsere neugotischen Ausstattungsstücke stammen, war es wichtig, dass Ausstattung und Architektur eine optische Verbindung eingehen. Gebäudearchitektur und Innenausstattung waren keine getrennten Disziplinen mehr, sondern sollten vielmehr zusammen eine Gesamtgestaltung ergeben.
KANZEL
Herstellungsjahr 1854
Bildhauer Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch
Im Rahmen der Recherchen zum ersten Projekt der Initiative konnte im Stadtarchiv in Horb im Nachlass der Zeichnungen von Johann Nepomuk Meintel die originale Konstruktionszeichnung unserer Kanzel gesichert werden.
Das schwer beschädigte Papier zeigt den Aufbau mit Detailschnitt und Maßen. Besonders eindrucksvoll ist die detaillierte Ausführung der Zierleisten, die sowohl den Kanzeldeckel als auch den Kanzelkorb vollständig säumten.
Die Tuschezeichnung wurde von Meintel im Rahmen des Ausstattungsauftrags angefertigt. Daraus geht hervor, dass Meintel urspünglich eine Maßwerkornamentik am Kanzelkorb geplant und den Abschluss des Kanzeldeckels anders vorgesehen hatte.
In einer Entwurfszeichnung für einen anderen Kanzeldeckel skizzierte Meintel einen Engel, der die zehn Gebote in der Hand hält. Offenbar hatte diese Darstellung unsere Vorfahren so überzeugt, dass Meintel seine Entwurfszeichnung abändern musste und den Kanzeldeckelabschluss mit einer leicht abgewandelten Form des Engels umsetzte. Darüber hinaus wurde die Maßwerkornamentik am Kanzelkorb durch die Darstellung der vier Evangelisten als Brustbilder ersetzt.
SEITENALTAR
MARIA KÖNIGIN MIT JESUSKIND
Herstellungsjahr 1854
Bildhauer Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Der Marienaltar wurde im Zuge der Renovierung und massiven Umgestaltung der Pfarrkirche 1963-1965 vernichtet.
Die Seitenaltäre sind für die Gesamtgestaltung im Innenraum ein essenzieller Bestandteil. Nur durch die beiden Seitenaltäre wirkt das Ensemble aus Hochaltar, Seitenaltären und Kanzel gesamthaft, stimmig und vollständig.
Meintel hat den grundsätzlichen Aufbau des Hochaltars auf die Seitenaltäre übertragen. So sind auch hier die Fialen das zentrale Element, an der sich die gesamte Architektur der Seitenaltäre aufbaut. Bemerkenswert ist auch, dass Meintel einzelne Gestaltungselemente aus der Gebäudearchitektur zitiert hat: Die Staffelgiebel des Langhausdaches finden sich auch in leicht gestreckter Form an der Oberkante der Seitenaltäre wieder.
Die ursprüngliche Fassung verweist ebenfalls auf die typisch neugotischen Sandsteinfarben mit den blauen Maßwerkflächen. Zudem hat Meintel nicht nur vergoldet, sondern die Dächer der feinen Türme teilweise auch versilbert.
Beide Seitenaltäre verfügten jeweils über zwei Reliquienschreine. In Summe besaß der Kirchenschatz somit sechs Reliquienschreine, was für eine kleine Gemeinde wie Heiligenzimmern eine beachtliche Anzahl darstellt.
HOCHALTAR
Herstellungsjahr 1854
Bildhauer Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch
Der Hochaltar war im Ursprung sandsteinfarben und die Flächen im Maßwerk waren in Blau gefasst. Das Maßwerk selbst war fein vergoldet. Alle Hochaltarfiguren hatten, wie ihre großen Geschwister, aufwendige Borten. Diese sind sogar heute noch durch die Überfassung zu erkennen.
Auf der linken Seite des Hochaltars ist der Heilige Fidelis von Sigmaringen zu sehen. Er war ein Ordenspriester und Märtyrer. Rechts von ihm auf einer der beiden zentralen Fialen ist der Heilige Petrus zu sehen, wie er die Himmelsschlüssel in der Hand hält. Auf der rechten Seite der Kreuzigungsszene schließt der Heilige Paulus sowie der Bischof Cyprianus von Karthago an.
Die sechs Brustbilder - jeweils drei rechts und links - stellen die Kirchenväter dar. Sie werden als christliche Autoren verehrt, die entscheidend zum Selbstverständnis des Christentums beigetragen haben. Zu sehen sind der Heilige Hieronymus, der Heilige Valentin von Terni, der Heilige Ambrosius von Mailand, der Heilige Gregor, der Heilige Clemens von Rom, sowie der Heilige Augustinus von Hippo. Der Detailgrad bei allen Darstellungen ist außergewöhnlich hoch. Hier zeigt sich einmal mehr die enorme Kunstfertigkeit, die Meintel bei der Erschaffung an den Tag gelegt hat.
Die Nische über dem Allerheiligsten wird von zwei Tabernakelengeln gesäumt, die typisch im Stil von Meintel ausgestaltet sind. Diese hatten aufwendig gefasste Flügel, die von rot über grün bis hin zu einem feinen Blau ausgefasst waren. Ihre Gewänder waren ebenso aufwendig mit Borten gesäumt.
Die Architektur unseres Hochaltars ist für den Stil von Meintel außergewöhnlich: Im Zentrum unseres Hochaltars ist ein Bild der Kreuzigung Jesu als Altarblatt eingelassen. Insofern ist dieser Aufbau selten für den Stil von Meintel, was unseren Altar zu einem besonderen Zeugnis des Schaffens von Johann Nepomuk Meintel macht.
Nach Recherchen wurde die Kreuzigungsszene vom „Maler Lütz aus Sigmaringen“ 1854 gemalt. Aus den Aufzeichnungen geht jedoch nicht hervor, ob es Sebastian oder sein Sohn Eduard Lütz war, der dieses Meisterwerk schuf. Beide waren angesehene Maler in Sigmaringen. Letzterer hat sogar an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München studiert und trug den Titel eines Hofmalers.
SEITENALTAR
HEILIGER JOSEF
Herstellungsjahr 1854
Bildhauer Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Der Josefsaltar wurde im Zuge der Renovierung und massiven Umgestaltung, ebenso wie der Marienaltar, 1963-1965 vernichtet.
Insgesamt sind die beiden Seitenaltäre baugleich, haben jedoch einen zentralen Unterschied: Der Marienaltar verfügte über einen zweiten Tabernakel, der höchstwahrscheinlich genutzt wurde, um das Allerheiligste in der Zeit zwischen Gründonnerstag und Osternacht aufzubewahren. Der Josefsaltar verfügt an dieser Stelle nicht über einen Tabernakel. Er ist an dieser Stelle mit einer Nische ausgestattet, in der bspw. ein Kreuz stehen kann. Zudem waren beide Seitenaltäre mit jeweils vier weiteren Brustbildern von Heiligen ausgestattet. Allerdings ist derzeit nicht bekannt, welche Heiligen dort verehrt worden sind. Naheliegend sind jedoch Heilige, die mit der Gottesmutter und dem Heiligen Josef zusammen verehrt werden. Die Nischen, in denen die Seitenaltarsfiguren stehen, sind mit einem Sternenhimmel und einer Brokatmalerei ausgefasst, um die Heiligkeit und Göttlichkeit nochmals zu unterstreichen.
Johann Nepomuk Meintel war nicht nur ein begnadeter Bildhauer sondern auch Meister der Malerei. Dies stellte er mit den Bildnissen von Engeln unter Beweis, die er auf Gold malte. Diese Bildnisse finden sich rechts und links des Tabernakels des Marienaltars sowie auch rechts und links der Nische des Josefsaltars.
DIE URSPRÜNGLICHE PRACHT
Sowohl unsere Vorfahren als auch der Erschaffer dieser herausragenden Stücke der Kunstgeschichte haben damals kunsthandwerklich alle Register gezogen. Das Allerbeste war zur damaligen Zeit zu Ehren Gottes gerade gut genug. Allein durch ihren unermüdlichen Ehrgeiz, ihre Willens- und Schaffenskraft, ihr Handeln aus vollster Überzeugung sowie ihrer meisterhaften Handwerkskunst haben Johann Nepomuk Meintel und unsere Vorfahren Ausstattungsstücke für die Ewigkeit erschaffen.
Das Lebenswerk von Meintel ist überwältigend: Recherchen zufolge soll er rund 100 Altäre und Ausstattungsstücke hergestellt haben. Im Purifizierungswahn der 1960er Jahre wurde aus Unwissenheit ein Großteil von Meintels Lebenswerk vernichtet. Schätzungen zufolge sollen nur noch etwa 18 Stücke von Meintel existieren. Unser Hochaltar und unsere Kanzel sind zwei davon.
Dies macht unsere Ausstattungsstücke zu einzigartigen und besonderen Zeugnissen von Johann Nepomuk Meintel, dem Begründer der Horber Bildhauerschule.
EIN BESONDERER DANK
An dieser Stelle möchte ich ein großes Dankeschön an Werner Bisinger aus Heiligenzimmern aussprechen. Seine Dias sind derzeit das einzige Zeugnis, wie unsere Ausstattungsstücke in ihrer ursprünglichen Fassung ausgesehen haben. Gemäß dem Zustand der Ausstattung könnte diese Bilderserie vermutlich um 1950-1955 aufgenommen worden sein.
MEINTELS ZEICHNUNGEN
Bei einem verheerenden Brand 1889 wurde ein beträchtlicher Teil der Aufzeichnungen von Johann Nepomuk Meintel vernichtet. Das Stadtarchiv in Horb am Neckar beherbergt heute den Teil, der nicht verbrannte. Der Nachlass besteht unter anderem aus originalen Tuschezeichnungen, Skizzen und Entwürfen.
Im Rahmen der Recherchen durfte ich Einsicht in diese Dokumente aus dem 19. Jahrhundert nehmen. Bei dieser Einsicht bestätigte sich wieder, welch herausragender Meister Meintel tatsächlich war. Trotz des Verlustes eines Großteils der Aufzeichnungen ist die Fülle der erhaltenen Entwürfe und Skizzen atemberaubend.
Die originalen Konstruktionszeichnungen unserer Seitenaltäre und des Hochaltars sind leider beim Brand vernichtet worden. Allerdings finden sich charakteristische Gestaltungselemente von Meintel in Zeichnungen anderer Altäre wieder.
In den nachfolgenden Bildern können Sie die meisterhafte Handschrift von Meintel studieren und Parallelen zu unserer Ausstattung entdecken.
Die originale Konstruktionszeichnung der "Kanzel in die neue Kirche zu Zimmern" zeigt eine Vorversion der finalen Planung. Zu sehen ist die enorm aufwendige Maßwerkornamentik am Kanzelkorb sowie die umfassenden Zierleisten. Der Kanzeldeckel war ursprünglich mit einem Krabbenabschluss geplant.
Ein Entwurf eines anderen Kanzeldeckels hatte Meintel mit einem Engel geplant, der die zehn Gebote in der Hand hält. Diese figürliche Darstellung hat Meintel in leicht abgewandelter Form als Kanzeldeckelabschluss für unsere Kanzel umgesetzt. Zudem hat er in der finalen Umsetzung die Brustbilder der Evangelisten am Kanzelkorb ergänzt.
In diesem Entwurf sind deutliche Parallelen zum Gesprenge (geschnitzte Zierelemente) der Brustbilder der Evangelisten am Kanzelkorb zu erkennen. Die Zierelemente, die die Jesusdarstellung in der Zeichnung umrahmen, sind nahezu identisch am Kanzelkorb umgesetzt worden.
In diesem Entwurf ist deutlich zu erkennen, wie Meintel die für die Neugotik typischen Fialen (Türmchen) ausgeformt und aufgebaut hat. Diese Handschrift ist deutlich an unseren Seitenaltären zu erkennen. Auch die kunstvollen Schnitzereien am Stipes (Altartisch/-unterbau) sind an unserem Hochaltar sowie den Seitenaltären zu finden.
Die Ausformung der Gesprenge der beiden Heiligen rechts und links ist in leicht abgewandelter Form auch an unserem Hochaltar über den Tabernakelengeln wiederzufinden. Die Bekrönung über dem Kruzifix hat Meintel so auch nahezu identisch an unserem Hochaltar umgesetzt.
Diese Entwurfszeichnung zeigt den Abschluss der Hauptfialen der Seitenaltäre. Die ineinander verschlungene Schnitzerei ist sehr gut auf den Dias zu erkennen. Auch die anskizzierte Bekrönung der Tabernakelnische ist an unserem Hochaltar zu finden.
In dieser Zeichnung finden sich wieder die ineinander verschlungenen Schnitzereien der Fialenabschlüsse. Zudem zeigt Meintel hier den herausragenden Entwurf des Gesprenges hinter der Jesusdarstellung, die in ähnlicher Form auch als verbindendes Element unserer Hauptfialen am Hochaltar umgesetzt wurde.