DIE FIGURENSAMMLUNG

Meisterwerke der Schnitzkunst. 

DIE HORBER
BILDHAUERSCHULE

Die Sammlung der Heiligenfiguren stellt einen wichtigen Teil im Kirchenschatz dar. Die Figuren sind von herausragender kunsthandwerklicher Qualität.

Recherchen haben ergeben, dass sechs der neun Holzfiguren vom Bildhauer Anton Leins aus Horb am Neckar geschaffen wurden. Anton Leins ( * 1866, † 1925) ist einer der bedeutendsten Vertreter der Horber Bildhauerschule. Diese Bildhauerschule hat bemerkenswerte Künstler hervorgebracht. Die kunsthandwerkliche Qualität, die in Horb erreicht wurde, kann als herausragend bezeichnet werden. Der Begründer der Horber Bildhauerschule war Johann Nepomuk Meintel ( * 1816, † 1872), der auch unsere Altäre sowie die Kanzel erschaffen hat. Die restlichen drei Heiligenfiguren können ihm zugeschrieben werden. Mit seinem Schaffen legte er den Grundstein für den beispiellosen Aufschwung, den Horb dadurch erlebte.

Die Sammlung unserer Heiligenfiguren ist neben der Pfarrkirche St. Georg in Empfingen die größte derzeit bekannte Sammlung an Leins-Figuren, was die Hochwertigkeit und Qualität unseres Kirchenschatzes nochmals unterstreicht. 

Nachfolgend finden Sie alle Heiligenfiguren, die wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückkehren und restauriert werden sollen. 

HEILIGSTES 
HERZ MARIÄ


Herstellungsjahr 1901

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins 

Das heiligste Herz Mariä zeigt die Jungfrau Maria mit sternengekröntem Haupt und dem Herz, das mit Rosen umschlungen ist. Die Rosen symbolisieren dabei die Jungfräulichkeit und Reinheit Mariens. 

Die extrem qualitätvolle Originalfassung (Bemalung der Figur) ist bei dieser Figur glücklicherweise noch erhalten. Besonders hervorzuheben ist das lebendige Inkarnat (Bemalung des Gesichts, Hände und Füße) sowie die aufwendige Ornamentik am Gewand. Insgesamt ist die Figur nicht im besten Zustand. Die Fassung weist vereinzelt Abplatzungen und Abrieb auf. Zudem ziehen sich starke Schwundrisse durch die Figur, die gesichert und repariert werden müssen. 

Die Figur ist, wie alle Holzfiguren im Kirchenschatz, vollplastisch aus Zirbelkieferholz geschnitzt. Dieses Holz hat durch seine ätherischen Öle beruhigende Eigenschaften und wird noch heute sehr oft für Wohnmöbel eingesetzt. 

HEILIGE ANNA 
MIT MARIA


Herstellungsjahr 1906

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins 

Die heilige Anna ist die Mutter von Maria. Aus diesem Grund wird sie meist mit einer jungen Maria dargestellt. 


Auch hier ist die Originalfassung noch erhalten, jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Die Figur weist einen starken Schimmelbefall auf. Dies ist auf einen falschen Aufstellungsort zurückzuführen. Der Eingang ist im Winter meist feucht und die Emporedecke niedrig, weshalb die Luftzirkulation nicht stattfinden kann. Die Bilder zeigen deutliche Fassungsabplatzer, wodurch das Holz ungeschützt freiliegt. Am Hals von Maria kann der starke Schimmelbefall gut erkannt werden.

Recherchen haben ergeben, dass diese Figur unter Pfarrer Wilhelm Biener bei Anton Leins in Auftrag gegeben wurde. Die Originalrechnung ist auf den 13. März 1906 an Sophie Bächle ausgestellt, die damals die beachtliche Summe von 300 Mark gespendet und somit die Erschaffung dieses Meisterwerks erst ermöglicht hat.

HEILIGER  
JOACHIM


Herstellungsjahr 1906

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins 

Der heilige Joachim ist der Vater von Maria. Er ist der Schutzpatron der Väter und Großväter. In der Kunst wird er mit den Attributen der Schäferschaufel und den Opfertieren (Lämmer oder Tauben) dargestellt. 

Diese Figur besitzt ebenfalls noch die Originalfassung. Die Schäferschaufel hat der heilige Joachim über die Zeit jedoch eingebüßt. Bei dieser Figur ist eine andere Art von Befall sichtbar: Hier arbeitet aktiv der Holzwurm. So stark, dass immer wieder Sägemehl zu finden ist. Die Vogelexkremente im Inkarnat greifen zudem die Fassung stark an. 

Auch diese Figur wurde seinerzeit unter Pfarrer Wilhelm Biener 1906 in Auftrag gegeben und durch die hohe Spendensumme von 235 Mark ebenfalls von Sophie Bächle finanziert. 

HEILIGER ALOISIUS  
VON GONZAGA


Herstellungsjahr 1906

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins 

Der heilige Aloisius ist der Schutzheilige junger Studenten und der christlichen Jugend. 

Diese Figur ist ebenfalls in einem sehr schlechten Zustand. Starke Fassungsabplatzer und ausgebrochene Stücke der Plinthe (Fuß der Figur) zeichnen das Schadensbild. Der enorme Schimmelpilzbefall unter dem Chorhemd ist deutlich zu sehen und zerstört die Fassung. Die Schwundrisse sind bei dieser Figur noch drastischer. Sie wurden durch Nagelungen nicht fachgerecht repariert. Die Eisennägel rosten nun und schwächen das Holz. 

Diese Figur ist das beste Beispiel, um zu zeigen, was eine Gemeinschaft zu leisten vermag. Pfarrer Wilhelm Biener startete im Januar 1906 eine Spendenaktion zur Finanzierung der Figur. Recherchen förderten alte Spendenlisten zutage, in denen insgesamt 76 Spendeneinträge der Bevölkerung von Heiligenzimmern verzeichnet sind. Allein durch diese hohe Spendenbereitschaft konnte diese Figur für 250 Mark finanziert werden. 

HEILIGSTES  
HERZ JESU


Herstellungsjahr 1901

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch

Das heiligste Herz Jesu zeigt Jesus im Segensgestus und mit den Wundmalen. Das flammende Herz mit Dornenkrone umschlungen ergänzt die Darstellung. 

Mit dem 2. vatikanischen Konzil wollte sich die katholische Kirche öffnen. Diese Öffnung wurde aber vielerorts falsch interpretiert. Diese Bewegung gipfelte im Bildersturm der 1960er Jahre, in welchem viele Kunstwerke nachhaltig zerstört worden sind. Hier sehen wir ein solches Werk. Im Zuge der Kirchenrenovierung im Jahre 1963-1965 wurde diese Figur von Ernst Lorch aus Sigmaringen überfasst. Die qualitätvolle Originalfassung wurde dabei nachhaltig beschädigt. Die neue Fassung ist in Qualität und Ausführung nicht vergleichbar mit der hohen Kunstfertigkeit der originalen Fassung. Der Blick ist leer, das Inkarnat wirkt tot. Die Vergoldung ist nicht präzise ausgeführt. An der Plinthe zeigen sich Schwundrisse. Durch originale Fotografien und abtragen der schadhaften Fassung kann die originale Fassung wiederhergestellt werden. 

HEILIGER  
PATRICIUS


Herstellungsjahr 1906

Bildhauer Anton Leins 

Fassmaler Originalfassung Anton Leins
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch

Der heilige Patricius war ein chrisitlicher Missionar und wurde im Patrozinium als Schutzheiliger für unsere Pfarrkirche gewählt. 

Der heilige Patricius fiel dem bereits beschriebenen Bildersturm ebenfalls 1965 zum Opfer. Die Originalfassung wurde auch bei dieser Figur nachhaltig beschädigt. Wenn Sie das Gesicht des heiligen Joachim und das Gesicht des heiligen Patricius vergleichen, werden Sie verstehen, was ich meine, wenn ich von einem ausdruckslosen, toten Blick spreche. Das Inkarnat ist auch hier grau. Die Fassung ist nicht qualitätvoll und die Vergoldungen sind ebenso ungenau ausgeführt. Zudem platzt die Fassung an vielen Stellen ab. Die Farbwahl wurde gemäß der Ikonografie nicht richtig umgesetzt - ein blaues Untergewand gibt es in der liturgischen Bekleidung nicht. Die Plinthe ist durch Schwundrisse und inaktiven Holzwurmbefall geschwächt. Durch Dias und das Abtragen der schadhaften Fassung kann die ursprüngliche originale Fassung wieder rekonstruiert werden. 

MARIA KÖNIGIN
MIT JESUSKIND


Herstellungsjahr 1854

Bildhauer Johann Nepomuk Meintel 

Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch

Unsere Gottesmutter wird als Maria Königin (lat. Maria Regina) mit Zepter und Krone dargestellt. Sie hält den Gottessohn Jesus auf dem Arm, der als Gott und Erlöser die Weltkugel in der Hand hält. 

Recherchen haben ergeben, dass diese Figur von Johann Nepomuk Meintel, unserem Altarbauer, erschaffen wurde. Sie ist das letzte Stück, das vom ursprünglichen Marienaltar übrig geblieben ist. Diese Figur wurde ebenfalls 1965 neu gefasst. Im Streiflicht sieht man die Unebenheiten in Marias Gesicht, die auf eine unsaubere Vorbereitung bei der Neufassung hindeutet. Der Blick des Jesuskinds ist ausdruckslos. Auf der Rückseite der Figur sieht man noch die herausragende und komplexe Ornamentik, die den Mantel ursprünglich geschmückt hat. Der Mantel war als Himmelsmantel gefasst, der innen die Sterne des Himmels zeigte. Der Saum war mit Steinen besetzt, die im Zuge der Neufassung entfernt wurden. Durch Dias und das Abtragen der schadhaften Fassung kann die originale Fassung wieder rekonstruiert werden. 

HEILIGER
JOSEF


Herstellungsjahr 1854

Bildhauer Johann Nepomuk Meintel 

Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel
Fassmaler Neufassung Ernst Lorch

Aus fassungstechnischen Gesichtspunkten weist der heilige Josef die schlechteste Fassung und in Summe den schlechtesten Zustand auf. Wie bei der heiligen Maria mit Jesuskind ist diese Figur das einzige Stück, das vom Josefsaltar übrig geblieben ist. Auch hier wurde die Figur 1965 neu gefasst und so die originale Fassung von Johann Nepomuk Meintel schwer beschädigt. Es wurden Farben verwendet, die die Holzoberfläche versiegelt haben. Diese Versiegelung führte zu extrem starker Rissbildung. Am Bart kann man Farbläufer erkennen, die auf zu viel Farbe hindeuten. Die Glanzvergoldung platzt mit dem Kreidegrund ab, sodass das Holz offenliegt. An der Plinthe ist inaktiver Holzwurmbefall festzustellen. Auch hier wurde die Ikonografie nicht beachtet und die ursprüngliche Fassung in Farbe und Ausführung drastisch verändert. Ursprünglich war der heilige Josef ebenfalls mit einem mit reicher Ornamentik verzierten Umhang und einem blauen mit Ornamentik gesäumten Gewand gefasst. Die Originalfassung kann durch Dias wieder rekonstruiert werden. 

HEILIGER ANTONIUS  
VON PADUA


Herstellungsjahr 1895

Bildhauer Unbekannt 

Fassmaler Originalfassung Unbekannt 

Der heilige Antonius von Padua war ein Ordenspriester des Franziskanerordens. Vielfach wird er auch als „Schlampertone“ verehrt. Er soll helfen, wenn man etwas verlegt hat und nicht mehr findet. Hierzu ist folgender Spruch bekannt: Heiligr Antone, guata Ma, fir me a des Plätzle na, wo des Verlorne liega ka.

Diese Figur ist die einzige Terrakotta-Figur, die im Kirchenschatz vorhanden ist. Über diese Figur ist relativ wenig bekannt. Sie taucht in der von Pfarrer Wilhelm Biener 1901 angelegten Inventarliste mit dem Vermerk „1895“ auf. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass diese Figur 1895 angeschafft wurde. Wer der Hersteller und infolgedessen der Bildhauer des Rohlings war, ist leider nicht überliefert. Die Originalfassung ist noch erhalten. Der Heiligenschein von Antonius und dem Jesuskind sind jedoch verloren gegangen. Die Restaurierung dieser Figur fokussiert sich daher auf die Abplatzungen der Fassung und die Rekonstruktion des Heiligenscheins.

MARIA
IMMACULATA


Herstellungsjahr 1856

Bildhauer Johann Nepomuk Meintel 

Fassmaler Originalfassung Johann Nepomuk Meintel 
 

Die Darstellung der Maria Immaculata symbolisiert die unbefleckte Empfängnis Mariens. Im christlichen Glauben wurde Maria von der Erbsünde bewahrt, da sie die auserwählte Gottesmutter ist. In der Kunst wird die Maria Immaculata als stehende junge Frau ohne Kind dargestellt. Meist steht sie auf einer Mondsichel und Wolken. Eine seltenere Darstellung zeigt die Gottesmutter auf einer Weltkugel, wie sie eine Schlange zertritt. Die Schlange symbolisiert das Böse, was durch Jesus besiegt wird. Der Apfel im Mund der Schlange erinnert an die Erbsünde, die durch Jesus überwunden wird. 

Diese Figur taucht in den Inventarlisten das erste Mal 1856 als „tragbares Marienbild“ auf. Die Originalfassung ist noch erhalten, jedoch bricht die Rückseite aus. Der Sternenkranz ist nicht mehr vorhanden. Der Steinbesatz ist an vielen Stellen verloren gegangen. Die Schwundrisse und die ausgemagerte Fassung müssen auch hier behutsam restauriert werden, sodass dieses Marienbild noch viele Prozessionen miterleben kann. 

HEILIGER  
JUDAS THADDÄUS


Herstellungsjahr 1927

Bildhauer Unbekannt 

Fassmaler Originalfassung Unbekannt 

Der heilige Judas Thaddäus ist einer der zwölf Apostel. Er wird als Fürsprecher und Helfer in schwierigen und ausweglosen Situationen verehrt. Er ist nicht mit Judas Iskariot, dem Mann der Jesus verraten hat, zu verwechseln. 

Diese Figur ist die einzige Gipsfigur im Kirchenschatz. Sie ist noch in der Originalfassung erhalten. Lediglich kleine Abplatzer sind zu erkennen. Der rechte Zeigefinger hat Judas Thaddäus über die Zeit leider auch eingebüßt. 

Wie bei der Figur des heiligen Antonius ist auch über diese Figur ansonsten wenig bekannt. Der Bildhauer des Rohlings und der Fassmaler bleiben leider im Dunkel der Geschichte verborgen. 

In den Inventarlisten taucht diese Figur ab dem Jahre 1927 auf. Vermerkt ist, dass diese Figur von August Belser gestiftet wurde. 

EIN BESONDERER DANK

An dieser Stelle möchte ich ein großes Dankeschön an den Fotografen Steffen Jahn aus Stuttgart aussprechen, der diese herausragenden Bilder erstellt hat.